Articles on Historiography by Brigitte Studer

Der Fichenskandal, der Kalte Krieg und der Schweizer Antikommunismus, in: Daniel Hagmann (Hg.), Verdachtsmomente. Fichen und Dossiers aus dem Archiv des Staatsschutzes, Basel, Christoph Merian Verlag, 2022
* Das Ende des Kalten Krieges 1989 beendete auch in der Schweiz eine Ära des Verdachts. Die Polit... more * Das Ende des Kalten Krieges 1989 beendete auch in der Schweiz eine Ära des Verdachts. Die Politische Polizei überwachte während Jahrzehnten nicht nur gesuchte Terroristen und bekennende Revolutionäre, sondern auch unbescholtene Bürger:innen, die von den staatlichen Organen als potenziell gefährlich eingestuft wurden. Dazu gehörten Politaktivistinnen, Migranten, Hausfrauen und Kunstmaler. Die Aufdeckung des Umfangs dieser Tätigkeit führte 1989 zu einem riesigen politischen Skandal. Mein Beitrag ist diesem kommentierten Quellenband ordnet die behördliche Überwachungsaktivität in die Zeit des Kalten Kriegs und des offiziellen Antikommunismus ein.
* The Cold War was an era of suspicion in Switzerland. For decades, the political police not only monitored wanted terrorists and self-confessed revolutionaries, but also innocent citizens who were categorised as potentially dangerous by the state authorities. These included political activists, migrants, housewives and painters. The exposure of the extent of this activity led to a huge political scandal in 1989. My contribution to this annotated volume of sources places the authorities' surveillance activities in the context of the Cold War and official anti-communism.

Ihr plötzlicher Tod am 24. September 2015 auf ihrem Morgenspaziergang kam überraschend, war Beatr... more Ihr plötzlicher Tod am 24. September 2015 auf ihrem Morgenspaziergang kam überraschend, war Beatrix Mesmer, die «Grande Dame» der Schweizer Geschichtswissenschaft, doch noch bei bester Gesundheit und intellektuell hellwach. Nur eine gewisse Müdigkeit habe sie erfasst, teilte sie mir kaum eine Woche vorher in einem Mail mit. Auch nach ihrer Emeritierung 1996 als ordentliche Professorin für Schweizer Geschichte in Verbindung mit Neuerer allgemeiner Geschichte an der Universität Bern blieb Beatrix Mesmer ihrem Fach treu. Sie war nicht nur dem Schweizerischen Nationalfonds eine verlässliche und kritische Begutachterin und verfolgte akribisch die laufenden historischen Debatten, sie veröffentlichte 2007 auch nochmals ein bedeutendes Buch «Staatsbürgerinnen ohne Stimmrecht: Die Politik der schweizerischen Frauenverbände 1914-1971», das wie andere ihrer Publikationen zu einem Standardwerk der Schweizer Geschlechtergeschichte geworden ist. Dass Beatrix Mesmer zu einer der ersten Professorinnen der Universität Bern und zur wohl prägendsten Schweizer Historikerin geworden ist, war ihr nicht in die Wiege gelegt, doch möglicherweise war es gerade die Dosis Fremdheit (respektive sozio-kulturelle Distanziertheit), die ihr und anderen Professorinnen ihrer Generation die nötigen Ressourcen für ihre Pionierrolle in den männerbündischen akademischen Strukturen der Schweiz gab. In einer halbjüdischen Familie in München geboren, flüchteten ihre Eltern 1938 vor dem Naziregime in die Schweiz. Ihre Schulen absolvierte Beatrix Mesmer in Aarberg, Biel und Bern, wo sie 1951 die eidgenössische Maturität erhielt. 1952 heiratete sie Heinz Mesmer, im selben Jahr wurde ihr Sohn Stefan geboren. Sie begann ein Studium in allgemeiner Geschichte, Kunstgeschichte und Medienwissenschaft an der Universität Bern und der Freien Universität Berlin, betreute das Kind und arbeitete daneben als Hilfsredaktorin bei der Schweizerischen Depeschenagentur. 1959 wechselte sie als Assistentin, dann als Oberassistentin an das Historische Institut der Universität Bern. 1961 erfolgte die Promotion mit der Arbeit «Arnold Ruges Plan einer 'Alliance intellectuelle' zwischen Deutschen und Franzosen». 1972 habilitierte sie mit einer ideengeschichtlichen Arbeit zu den fiskalpolitischen Konzepten des Frühsozialismus. Anhand von Quellenmaterial aus Paris und aus dem Internationalen Institut für Sozialgeschichte in Amsterdam untersuchte sie darin den Transfer (oder wie man damals sagte: die Rezeption) der Idee einer progressiven Steuer von Frankreich nach Deutschland. Mit dieser Arbeit wurde sie 1973 an der Universität Bern zur Professorin ernannt, eine Position, die sie bis zur ihrer Emeritierung 1996 innehatte.
Le siècle des féminismes, 2004
Cet article (co-écrit avec Françoise Thébaud) figure dans la première partie "Féminismes et histo... more Cet article (co-écrit avec Françoise Thébaud) figure dans la première partie "Féminismes et histoire" (dirigée et introduite par Brigitte Studer) de l’ouvrage collectif, Le siècle des féminismes, paru en 2004. Il s’interroge sur les approches, les concepts et les notions que l’histoire des femmes a mobilisé pour saisir la complexité des idées, objectifs et pratiques des mouvements féministes du XXe siècle.
_________________
This article in French (co-written with Françoise Thébaud) is contained in the first part "Feminisms and History" (edited and introduced by Brigitte Studer) of the collective work, Le siècle des féminismes, published in 2004. It examines the approaches, concepts and notions that women's history has used to grasp the complexity of the ideas, objectives and practices of twentieth-century feminist movements.

H-Soz-Kult, 16.09.2024, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-141287>, 2024
Der Generalstreik von 1918 war die grösste innenpolitische Krise der modernen Schweiz: 250.000 St... more Der Generalstreik von 1918 war die grösste innenpolitische Krise der modernen Schweiz: 250.000 Streikende standen 100.000 Soldaten inmitten der Spanischen Grippe gegenüber. Die Interpretation dieses Streikt war umstritten: Handelte es sich um einen bolschewistischen Revolutionsversuch oder um eine legitime Volksmobilisierung? Willi Gautschi war der erste Historiker, der die Archive einsehen konnte und in den späten 1960er und 1970er Jahren Arbeiten vorlegte, die der geschichtswissenschaftlichen Einschätzung entscheidende Impulse verliehen. Séveric Yersin untersucht in seinem Buch «Willi Gautschi et la Grève générale de 1918», wie und wann die Historisierung des Streiks einsetzte - und damit auch die Frage, wie Geschichte geschrieben wird und wie sie sich in die zeitgenössischen Debatten einfügt.
Brigitte Studer (Bern) gibt in ihrer Rezension einen Überblick über das Buch und bezeichnet es als «willkommenen Beitrag zu einer historischen Disziplin- und Intellektuellengeschichte der Deutschschweiz». Yersins Ansatz, die Werkanalyse in den Kontext ihrer biografischen und akademischen Produktionsbedingungen zu stellen, erweise sich als überaus ergiebig, da so «nicht nur Gautschis Deutungen und Erkenntnisse nachverfolgt werden [können], sondern auch die Rolle seiner materiellen und sozialen Arbeitsbedingungen».
Die Rezension ist online und frei verfügbar auf infoclio.ch und HSozKult.
******************
The general strike of 1918 was the biggest domestic political crisis in modern Switzerland: 250,000 strikers faced 100,000 soldiers in the midst of the Spanish flu. The interpretation of this strike was controversial: Was it a Bolshevik attempt at revolution or a legitimate popular mobilisation? Willi Gautschi was the first historian to be able to consult the archives and, in the late 1960s and 1970s, he produced works that gave a decisive impetus to the historiographical assessment. In his book ‘Willi Gautschi et la Grève générale de 1918’, Séveric Yersin examines how and when the historicisation of the strike began - and thus also the question of how history is written and how it fits into contemporary debates.Brigitte Studer (Bern) provides an overview of the book in her review and describes it as a ‘welcome contribution to a historical history of disciplines and intellectuals in German-speaking Switzerland’. Yersin's approach of placing the analysis of the work in the context of its biographical and academic conditions of production proves to be extremely productive, as ‘not only Gautschi's interpretations and insights can be traced, but also the role of his material and social working conditions’.The review is online and freely available on infoclio.ch and HSozKult.
NZZ Geschichte , 2020
In German: This short contribution explains why Virginia Woolf's A Room of One's Own was relevant... more In German: This short contribution explains why Virginia Woolf's A Room of One's Own was relevant to my intellectual formation as a historian.
In this invited contribution to the newspaper Neue Zürcher Zeitung I argue that what is at stake ... more In this invited contribution to the newspaper Neue Zürcher Zeitung I argue that what is at stake in the actual heated debate on the Swiss past is not history as scholarly knowledge but the use of history for political means. Furthermore the actual debate on Marignano and other past events contributes to form a truncated representation of the past - without the female, migrant, urban and French and Italian speaking population.
Uploads
Articles on Historiography by Brigitte Studer
* The Cold War was an era of suspicion in Switzerland. For decades, the political police not only monitored wanted terrorists and self-confessed revolutionaries, but also innocent citizens who were categorised as potentially dangerous by the state authorities. These included political activists, migrants, housewives and painters. The exposure of the extent of this activity led to a huge political scandal in 1989. My contribution to this annotated volume of sources places the authorities' surveillance activities in the context of the Cold War and official anti-communism.
_________________
This article in French (co-written with Françoise Thébaud) is contained in the first part "Feminisms and History" (edited and introduced by Brigitte Studer) of the collective work, Le siècle des féminismes, published in 2004. It examines the approaches, concepts and notions that women's history has used to grasp the complexity of the ideas, objectives and practices of twentieth-century feminist movements.
Brigitte Studer (Bern) gibt in ihrer Rezension einen Überblick über das Buch und bezeichnet es als «willkommenen Beitrag zu einer historischen Disziplin- und Intellektuellengeschichte der Deutschschweiz». Yersins Ansatz, die Werkanalyse in den Kontext ihrer biografischen und akademischen Produktionsbedingungen zu stellen, erweise sich als überaus ergiebig, da so «nicht nur Gautschis Deutungen und Erkenntnisse nachverfolgt werden [können], sondern auch die Rolle seiner materiellen und sozialen Arbeitsbedingungen».
Die Rezension ist online und frei verfügbar auf infoclio.ch und HSozKult.
******************
The general strike of 1918 was the biggest domestic political crisis in modern Switzerland: 250,000 strikers faced 100,000 soldiers in the midst of the Spanish flu. The interpretation of this strike was controversial: Was it a Bolshevik attempt at revolution or a legitimate popular mobilisation? Willi Gautschi was the first historian to be able to consult the archives and, in the late 1960s and 1970s, he produced works that gave a decisive impetus to the historiographical assessment. In his book ‘Willi Gautschi et la Grève générale de 1918’, Séveric Yersin examines how and when the historicisation of the strike began - and thus also the question of how history is written and how it fits into contemporary debates.Brigitte Studer (Bern) provides an overview of the book in her review and describes it as a ‘welcome contribution to a historical history of disciplines and intellectuals in German-speaking Switzerland’. Yersin's approach of placing the analysis of the work in the context of its biographical and academic conditions of production proves to be extremely productive, as ‘not only Gautschi's interpretations and insights can be traced, but also the role of his material and social working conditions’.The review is online and freely available on infoclio.ch and HSozKult.