Abstract
Nicht nur im mathematischen Sinn handelt das Werk Felix Hausdorffs (1868-1942) von Mengen und Schnittmengen. Es situiert sich im Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert in einer besonderen Diskurslage, in der einerseits auf die langfristig gewachsene wissenschaftsgeschichtliche Diversifizierung mit Formen populärer Darstellung reagiert wird. Vor allem die Ausdifferenzierung der naturwissenschaftlichen Disziplinen und die damit verbundene heterogene Erkenntnisproduktion soll mit publikumswirksamen Textunternehmen, zumal bei Ernst Haeckel und Wilhelm Bölsche, nachträglich eingehegt und mit weltanschaulichen, hier monistischen Positionen aufgewogen werden. Andererseits müssen die fachwissenschaftlichen Differenzierungsverläufe notwendig von einem sich ausbildenden Popularisierungsdiskurs begleitet werden. Denn die disziplinären Grenzziehungen ergeben sich erst durch einen wechselseitig bedingten Inklusions-und Exklusionsprozess, bei dem je unterschiedliche Publika, Spezialisten und Nichtspezialisten, angesteuert werden. 1 Im Zuge dessen gewinnen jene Darstellungsformen an Bedeutung, die das spezialistische Tun inner-und ausserhalb des Wissenschaftsdiskurses bewerben oder kritisch und auch erkenntniskritisch reflektieren. Hausdorff gehört dabei in die Reihe derer, die etwa seit Justus Liebig diese Reflexionsleistungen in Personalunion mit ihrer Forschungstätigkeit erbringen. 2 Seine pseudonym verfassten Texte, die hier im Fokus stehen sollen, bilden -im wissenshistorischen Sinn -eine Schnittmenge aus populärphilosophischen und fachspezifischen Diskursanteilen 3 und markieren einen Grenzbereich zwischen literari-
References (4)
- Vgl. auch Peter KOEPKE, "Metamathematische Aspekte der Hausdorffschen Mengenleh- re", in: Egbert Brieskorn (Hg.), Felix Hausdorff zum Gedächtnis I, Braunschweig: Vieweg, 1996, 71-106, 101f.
- Friedrich VOLLHARDT, "Von der Sozialgeschichte zur Kulturwissenschaft? Die litera- risch-essayistischen Schriften des Mathematikers Felix Hausdorff (1868-1942): Vorläufige Bemerkungen in systematischer Absicht", in: Martin Huber und Gerhard Lauer (Hgg.), Nach der Sozialgeschichte. Konzepte für eine Literaturwissenschaft zwischen Historischer Anthropologie, Kulturgeschichte und Medientheorie, Tübingen: Niemeyer, 2000, 551-573; Erdmut JOST, "Wis- senschaftliche Essayistik -essayistische Wissenschaft. Zum Zusammenhang von Rund- schaupublizistik und Sachbuch", in: Andy Hahnemann und David Oels (Hgg.), Sachbuch und populäres Wissen im 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main: Lang, 2008, 201-210;
- Christian MEIERHOFER, "‚Aus der Mitte aller Begebenheiten'. Zu Programmatik und Popularisierungs- strategien allgemeiner Kulturzeitschriften in der Mitte des 19. Jahrhunderts", Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte 14 (2012), 42-57.
- Paul MONGRÉ, "Massenglück und Einzelglück" (1898), Gesammelte Werke VIII, hg. Fried- rich Vollhardt und Udo Roth, Berlin: Springer, 2010, 275-288, 276.