Interkulturelle Mediation und Integration: Materialienband 40 3. Konfliktmediation -eine Übersicht 8 3.1 Allgemeine Ausführungen 3.1.1 Definitionen Ein Konflikt bezeichnet eine Interaktion zwischen Akteuren (Individuen, Gruppen,...
moreInterkulturelle Mediation und Integration: Materialienband 40 3. Konfliktmediation -eine Übersicht 8 3.1 Allgemeine Ausführungen 3.1.1 Definitionen Ein Konflikt bezeichnet eine Interaktion zwischen Akteuren (Individuen, Gruppen, Organisationen, etc.), wobei mindestens ein Aktor Unvereinbarkeiten im Denken, Vorstellen, Wahrnehmen und/oder Fühlen und/oder Wollen mit dem anderen Aktor oder den anderen Akteuren erlebt. Die Unvereinbarkeit erlebt er in der Art, dass er sich in seinem Handeln durch den andern Aktor beeinträchtigt fühlt. Das soziale Klima der Interaktion zwischen den Konfliktparteien kann heiss sein: In diesem Fall ist die Atmosphäre überaktiv und überempfindlich. Die Parteien versuchen, sich mittels explosiver Taktiken gegenseitig zu überzeugen, wobei die kurzen, heftigen und explosiven Handlungen für alle gut sichtbar sind. Die Akteure sind sich des Schadens, den sie durch ihre Handlungen verursachen, durchaus bewusst. Im Gegensatz dazu findet bei kalten Konflikten beispielsweise eine zunehmende Lähmung aller äusserlich sichtbaren Aktivitäten statt. Frustrations-und Hassgefühle werden hinuntergeschluckt und wirken in den Parteien weiter, in intensiven Fällen bis zu selbstzerstörerischen Aktionen. Die direkte Kommunikation zwischen den Akteuren kommt zum Erliegen, die Gesprächs-und Begegnungsmöglichkeiten werden seltener, auf die Dauer gemieden, um einige Beispiele dieser zwei Interaktionsarten zu nennen (Glasl 2002). Konfliktmediation bedeutet Vermittlung im Konflikt. Dabei sollen Konflikte auf eine konstruktive Art und Weise bearbeitet werden, um sie zu deeskalieren (Dulabaum 1998:8). Dies kann auf unterschiedliche Arten erfolgen. Bei heissen Konflikten geht es in erster Linie darum, Perzeptionen, Einstellungen und Verhaltensweisen zu klären. In kalten Konflikten müssen die 8 Autorin dieses Kapitels: Chantal Delli entstandene Abneigung und Isolierung zuerst sorgältig zwischen den Konfliktparteien abgebaut werden, um die Kommunikation wieder herzustellen. Die Vermittlung in der Konfliktsituation wird durch eine dritte Partei vorgenommen. Diese muss sich durch Allparteilichkeit auszeichnen: sie muss beide Konfliktparteien auf eine neutrale Weise unterstützen (Dulabaum 1998: 18). Im Mediationsverfahren kommt ihr keine Entscheidungsbefugnis zu. Der bekannte amerikanische Konfliktmediator Friedmann (1999) sagt in einem Interview dazu: "Meine Aufgabe ist es, die Klienten in die Lage zu versetzen, trotz tief greifender Meinungsverschiedenheiten die Entscheidungen selbst zu treffen, dir ihr Leben betreffen (…). Ich teile den Klienten implizit mit, dass sie besser als ich wissen, wie die Lösung des Konflikts aussehen kann". Ziel des Mediationsverfahrens ist vordergründig nicht die Entscheidfindung, sondern das Schaffen einer Atmosphäre, in der die Parteien wieder kommunizieren können. Die dritte Partei muss allerdings beachten, dass bereits ihre Anwesenheit in die Konfliktsituation eingreift und verschiedene Aktionen der Konfliktparteien auslösen kann (Bonafé-Schmitt 1988; Glasl 2002: 84). Die Intervention der Dritten kann sich auf verschiedene Aspekte des Konflikts richten: sie kann das vorhandene Konfliktpotential, den Konfliktprozess oder die -folgen betreffen. In der Literatur haben zahlreiche Autoren versucht, Typologien von Konflikten und die damit verbundenen Interventionsarten zu definieren. Dabei fällt auf, dass die Autoren ein und denselben Konflikt nach sehr unterschiedlichen Kriterien analysieren. Konflikte werden beispielsweise nach den Streitgegenständen, nach ihrer Erscheinungsform oder den Eigenschaften der Konfliktparteien geordnet. Die Typologien sollen dem Mediator helfen, sich in einer Konfliktsituation zu orientieren, die Diagnose eines Konflikts zu erstellen, die Rollen der Beteiligten zu klären und die eigenen Vermittlungshandlungen zu evaluieren, indem sie mit ähnlichen Konfliktsituationen verglichen werden. Über die wichtigsten Systematisierungsversuche, auf welche hier nicht näher eingegangen wird, gibt Glasl (2002) einen guten Überblick. Bei der Mediation steht im Vordergrund, wie der gesetzliche Spielraum im Interesse aller Parteien am besten genutzt werden kann (Müller 2002: 8). Damit eine Mediation überhaupt möglich ist, muss ein Konflikt, ein Problem oder ein Schaden benannt werden können. Die Beteiligten müssen freiwillig zur Vermittlung bereit sein und eine Konfliktlösung anstreben, bei der sie sich aber ratlos fühlen. Zudem muss genügend Zeit für die Vermittlung zur Verfügung stehen. Konfliktmediation ist dann nicht möglich, wenn das Machtgefälle 15 Loi genevoise (8931) modifiant la procédure civile (E 3 05), vgl.