Covid-19: Verschwörungstheorien, Experten und der Kampf gegen sie in der Krise
Covid-19: Verschwörungstheorien, Experten und der Kampf gegen sie in der Krise, 2024
The paper is concerned with conspiracy theories in the corona discourse on three levels: First, i... more The paper is concerned with conspiracy theories in the corona discourse on three levels: First, it is shown that conspiracy theories circulating in the corona discourse are very heterogeneous and form a spectrum between political-ideological and potentially violent interpretations at one end and legitimate factual and in principle falsifiable interpretations at the other. Secondly, it is shown how increasingly popularizing and institutionalizing expert discourses contribute to reducing this broad spectrum to threats to public health. Thirdly, with regard to the corona pandemic, the assertion that ‚conspiracy theories‘ or ‚conspiracy theorists‘ as such pose a threat to democracy is questioned. This claim is contrasted with the fact that the fight against conspiracy theories and ‚misinformation‘, which has now been elevated to a reason of state, has itself become a threat to the democratic constitution in the sense of open, conflicting (expert) discourses. Conspiracy theories I consider firstly to be social patterns of interpretation that provide an orientation framework for everyday problems by interpreting developments or events as the result of a conspiracy. These patterns of interpretation are usually used in crises or anomalous situations. They can contribute to the clarification of crime, corruption or collusion, but can also contribute to deception, ideology and disinformation. Secondly, conspiracy theories are discursive attributions of the delegitimization of corresponding bodies of knowledge. They are therefore not merely an expression of ‚false‘- or ‚disinformation‘, but must be grasped in the context of the respective social circumstances, (power) structures and crisis processes in which they become relevant as conspiracy theories, generate inter-subjective meaning and are problematized as such. In this respect, conspiracy theory interpretations and the discourses of threat and danger that stigmatize them refer to each other.
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Der Beitrag beschäftigt sich mit Verschwörungstheorien im Corona-Diskurs auf drei Sachebenen: Erstens wird gezeigt, dass Verschwörungstheorien, die im Corona-Diskurs kursieren, sehr heterogen sind und ein Spektrum zwischen politisch-ideologischen und potenziell gewaltaffinen am einen und legitimen sachlichen und prinzipiell falsifizierbaren Deutungen am anderen Ende bilden. Zweitens wird dargestellt, wie, sich in zunehmendem Maße popularisierende und institutionalisierende, Expertendiskurse dazu beitragen, dieses breite Spektrum auf Gefahren für die öffentliche Gesundheit zu reduzieren. Drittens wird im Hinblick auf die Corona-Pandemie die Behauptung hinterfragt, dass ‚Verschwörungstheorien‘ bzw. ‚Verschwörungstheoretiker‘ als solche eine Gefahr für die Demokratie darstellen. Dieser Behauptung wird gegenübergestellt, dass der mittlerweile zur Staatsräson erhobene Kampf gegen Verschwörungstheorien und ‚Falschinformationen‘ selbst eine Bedrohung für die demokratische Verfassung im Sinne offener, sich widerstreitender (Experten-)Diskurse geworden ist. Verschwörungstheorien betrachte ich dabei einerseits als soziale Deutungsmuster, die Orientierungsrahmen für Alltagsprobleme bereitstellen, indem sie Entwicklungen oder Ereignisse als Ergebnis einer Verschwörung deuten. Für gewöhnlich kommen diese Deutungsmuster in Krisen oder anomalen Situationen zum Einsatz. Sie können zur Aufklärung von Kriminalität, Korruption oder Komplotten beitragen, aber auch Täuschungen, Ideologie und Desinformation transportieren. Zum anderen sind Verschwörungstheorien diskursive Zuschreibungen der Delegitimierung entsprechender Wissensbestände. Sie sind daher nicht bloß Ausdruck von ‚Falsch‘- oder ‚Desinformation‘, sondern im Kontext der jeweiligen sozialen Umstände, (Macht-)Strukturen und Krisenverläufe zu betrachten, in denen sie als verschwörungstheoretische Deutungen relevant werden, inter-subjektiv Sinn erzeugen und problematisiert werden. Insofern verweisen verschwörungstheoretische Deutungen sowie die Gefahren-Diskurse, die sie stigmatisieren, wechselseitig aufeinander.
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Der Beitrag beschäftigt sich mit Verschwörungstheorien im Corona-Diskurs auf drei Sachebenen: Erstens wird gezeigt, dass Verschwörungstheorien, die im Corona-Diskurs kursieren, sehr heterogen sind und ein Spektrum zwischen politisch-ideologischen und potenziell gewaltaffinen am einen und legitimen sachlichen und prinzipiell falsifizierbaren Deutungen am anderen Ende bilden. Zweitens wird dargestellt, wie, sich in zunehmendem Maße popularisierende und institutionalisierende, Expertendiskurse dazu beitragen, dieses breite Spektrum auf Gefahren für die öffentliche Gesundheit zu reduzieren. Drittens wird im Hinblick auf die Corona-Pandemie die Behauptung hinterfragt, dass ‚Verschwörungstheorien‘ bzw. ‚Verschwörungstheoretiker‘ als solche eine Gefahr für die Demokratie darstellen. Dieser Behauptung wird gegenübergestellt, dass der mittlerweile zur Staatsräson erhobene Kampf gegen Verschwörungstheorien und ‚Falschinformationen‘ selbst eine Bedrohung für die demokratische Verfassung im Sinne offener, sich widerstreitender (Experten-)Diskurse geworden ist. Verschwörungstheorien betrachte ich dabei einerseits als soziale Deutungsmuster, die Orientierungsrahmen für Alltagsprobleme bereitstellen, indem sie Entwicklungen oder Ereignisse als Ergebnis einer Verschwörung deuten. Für gewöhnlich kommen diese Deutungsmuster in Krisen oder anomalen Situationen zum Einsatz. Sie können zur Aufklärung von Kriminalität, Korruption oder Komplotten beitragen, aber auch Täuschungen, Ideologie und Desinformation transportieren. Zum anderen sind Verschwörungstheorien diskursive Zuschreibungen der Delegitimierung entsprechender Wissensbestände. Sie sind daher nicht bloß Ausdruck von ‚Falsch‘- oder ‚Desinformation‘, sondern im Kontext der jeweiligen sozialen Umstände, (Macht-)Strukturen und Krisenverläufe zu betrachten, in denen sie als verschwörungstheoretische Deutungen relevant werden, inter-subjektiv Sinn erzeugen und problematisiert werden. Insofern verweisen verschwörungstheoretische Deutungen sowie die Gefahren-Diskurse, die sie stigmatisieren, wechselseitig aufeinander.
The case study of the discourse on the Bilderberg Group shows that conspiracy theories often are the only possibility of knowledge production about the real conspiracy practice of Society. Conspiracy theories then are not just destructive against the dominant knowledge system or the political power system, they are in this sense also very productive. What we can learn by that for the relationship between orthodoxy and heterodoxy is, that, heterodox knowledge production first helps to make the orthodox order visible as well as the heterodox is only determined by the orthodox. Both are not seperated from one another.
Erklärungen. Doch dieses Bedürfnis macht auch Verschwörungsdenken
attraktiv. Teil VI unserer Serie über das „Postfaktische“.
are. Besides the different levels of argument on the one hand and the not exactly fitting subject areas of both approaches on the other, there obviously exists a close cohesion between (a ‚whole‘ or ‚injured‘) integrity and (the construction or destruction of personal) identity already for Honneth himself, but obviously also between Honneth and Goffman. The article outlines, discusses and finally compares the commonalities and differences of both of their theoretical approaches alongside Goffmans conception of stigma. Prior to that it has to be clarified at which position Goffmans stigma-concept could be usefully located as a part of Honneths theory of recognition, in order to criticize and correlate both attempts in a preferably prolific way.