Papers by Olaf Briese
espero. Libertäre Zeitschrift, 2022
espero-Neue Folge erscheint halbjährlich als kostenlose digitale Zeitschrift (E-Zine) im PDF-Form... more espero-Neue Folge erscheint halbjährlich als kostenlose digitale Zeitschrift (E-Zine) im PDF-Format. Hierfür empfehlen wir den Adobe Reader als PDF-Viewer, den es auch als mobile App für Android bzw. iOS gibt. Im Text befinden sich farblich hervorgehobene Hyperlinks, die per Mausklick entweder zu einem internen Querverweis (wie z. B. dem Editorial) innerhalb der vorliegenden Ausgabe oder auch zu externen Webseiten (wie z. B. unserer Homepage) führen. Weitere Tipps zur optimalen Nutzung der digitalen Ausgabe der espero finden sich auf
Politische Vierteljahresschrift, 2017
As a current of theoretical thought, anarchism lives a shadowy existence in German academic circl... more As a current of theoretical thought, anarchism lives a shadowy existence in German academic circles. In contrast, discussions are vibrant in international research (and in non-academic circles in Germany). This research review analyses a selection of debates on anarchism over the past two and a half decades to ask whether and in what ways the theory has developed and to identify points of dissent and contention in discussions about anarchism. In particular, it emphasizes the difference between 'classical' and 'modern' anarchism and how, among other things, the latter no longer focusses on a criticism of the state, but broadens the perspective to a more general criticism of authority.
Marxismus auf eigene Faust? Friedrich Engels zwischen anarchistischen Affinitäten und Vasallentreue, in: Berliner Debatte Initial. Zeitschrift für sozialwissenschaftlichen Diskurs, 29 (2018), H. 2, S. 54-63
Ein Gespenst geht um: vormärzlicher Anarchismus. Die drei Hauptströmungen und Heines Reaktionen, in: Heine-Jahrbuch, 57 (2018), S. 101-125
Theoretisch-utopische Entwürfe der Frühen Neuzeit und der Aufklärung haben fast automatisch nur m... more Theoretisch-utopische Entwürfe der Frühen Neuzeit und der Aufklärung haben fast automatisch nur männliche Akteure im Blick. Wenn Frauen dennoch auftauchen, dann allenfalls als Gebärerinnen, Haushaltsverantwortliche oder Erzieherinnen. Und auch für ‚anarchoide' Entwürfe des 18. Jahrhunderts -gleich ob theoretisch-utopische oder literarische -gilt: Es waren fast ausschließlich solche von Männern für Männer. 1 Diese Sichtverengung änderte sich erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts, d. h. mit dem Eintritt von Frauen als Autorinnen in soziale und politische Diskurse. 2 Denn Frauen -unter einer Mehrfachherrschaft: unter dem gleichen sozialen, ökonomischen und politischen Druck wie Männer, aber zusätzlich noch unter dem Druck eben der Männer -hatten ihre Anliegen selbst in die Hand zu

Die Anarchismusforschung im deutschsprachigen Raum, unterentwickelt im Vergleich mit anderen euro... more Die Anarchismusforschung im deutschsprachigen Raum, unterentwickelt im Vergleich mit anderen europäischen Ländern, weist auch hinsichtlich geschichtsorientierter Arbei-ten nicht unerhebliche Defizite auf. Was die Romantik-Forschung im engeren Sinn be-trifft, so wird, mit Blick auf die Frühromantik bis ca. 1800, sehr wohl herausgearbeitet, wie eine Reihe ihrer Vertreter den emanzipatorischen Idealen der Französischen Revolution , also denen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, verpflichtet gewesen war. Aber wenn es bei solchen Aussagen ohne spezifische Tiefenanalyse bleibt, werden Schlagworte repliziert. Jeweilige Differenzen und Spezifika werden verwischt und die Frühromantiker mit ihren Positionen bis 1800 in eine unspezifische, gleichwohl gegen-wärtig zeitgeistkonforme ‚demokratisierende' Lesart gebracht. Dieser Beitrag unter-nimmt es, eine Facette dieses emanzipatorischen Denkens präziser herauszuarbeiten. Ei-nerseits steht sie in der Tradition bereits gegebener aufklärerischer und freimaurerischer Versuche, über den Staat als zentrierende gesellschaftliche Vermittlungsinstanz hinaus-zudenken. Andererseits ist sie tatsächlich als Reaktion auf die Französische Revolution anzusehen, allerdings als eine kritische. Stellte Wilhelm Heinse – der nicht den Frühromantikern zugerechnet werden kann – 1793 mit indirektem Blick auch auf den demokratisch konstituierten Konvent heraus: Monarchie, Aristokratie, Demokratie, alles dreyes ist ein gewaltsamer Zustand [...]. Also besteht der vollkommenste Staat nicht aus Monarchie, Aristokratie und Demokratie zusam-men, ein dreyköpfiges Ungeheuer! Sondern die beste Staatsverfassung ist Anarchie, 1 so liegt das auf der Linie einer Staatskritik, die gerade mit Blick auf jene prekären repub-likanischen Verhältnisse in Frankreich erfolgte, die der revolutionszugewandte Publizist Georg Friedrich Rebmann – gleichfalls kein Frühromantiker – 1796 in folgende Worte fasste: Meine Republik fängt erst dann an, wenn die Menschheit gar keiner Regierung mehr bedarf, wenn jeder seinen Acker baut oder seine Schuhe macht und sich nicht träumen läßt, daß er mehr tue, wenn er die Leitung der öffentlichen Geschäfte übernehme, als wenn er Schuhe mache. Meine Republik braucht weder Direktorium noch auswärtige Gesandten, noch blei-bende Ämter, noch stehende Heere, noch Bankiers, noch Seehandel. 2 Auch frühromantisch-utopisches Staatsdenken, dem, darauf ist kürzlich nochmals hinge-wiesen worden, keinesfalls eine klar konturierte Programmatik zugeschrieben werden
Anarchismus im 21. Jahrhundert. Ein Literaturbericht, in: Politische Viertelsjahresschrift, 58 (2017), S. 124-148

This essay shows that numerous debates in the German Enlightenment, including debates on natural ... more This essay shows that numerous debates in the German Enlightenment, including debates on natural law and the natural state of humanity, on the education of rulers and the ideal state, and on the status of property, engaged with variations of anarchism and anarchistic ideas. In short, before anarchism found its way into parts of the labour movement in the nineteenth century and some youth movements in the twentieth, it was an experimental movement of enlightened intellectuals and citizens. Monarchie, Aristokratie, Demokratie, alles dreyes ist ein gewaltsamer Zustand […]. Also besteht der vollkommenste Staat nicht aus Monarchie, Aristokratie und Demokratie zusammen, ein dreyköpfiges Ungeheuer! Sondern die beste Staatsverfassung ist Anarchie […]. Wilhelm Heinse (1793) 1 Die Geschichte des Anarchismus in Deutschland setzt ein im Jahr 1734/35. Christian Gottlieb Priber beabsichtigte, auf jungfräulich nordamerikanischem Boden eine libertäre und religionsfreie Kommune zu gründen. Ihr Name: Paradies. Der Rechtsanwalt aus Zittau, in wolffianische intellektuelle Netzwerke integriert, floh bei Nacht und Nebel aus seiner Heimatstadt über London ins neue gelobte Land. Anfangs hatte er vor, dort einige Familienmitglieder, Freunde und Interessenten um sich zu scharen. Einmal angekommen, vergaß der Abenteuerer aber seine europäischen Verwandten. Er konnte Cherokeestämme für seine Ideen begeistern (die offenbar wenig Probleme mit seinen Vorstellungen hatten): Gütergemeinschaft, Herrschaftsfreiheit, Freiheit von Ehe, Religionsfreiheit. In seiner religionsfreien Kommune sollten katholische Spanier und Franzosen, protestantische Engländer und Deutsche sowie Indianer verschiedener Stämme gleichberechtigt miteinander leben. Auch Sklaven, Schuldner und ehemalige Verbrecher sollten
"ich will zerbrechen die Gewalt der Mächtigen, des Gesetztes und des Eigentums".

Die Bekenntnisse zum Themenkomplex ‚Demokratie' von Charles Sealsfield einerseits und der verschi... more Die Bekenntnisse zum Themenkomplex ‚Demokratie' von Charles Sealsfield einerseits und der verschiedenen literarischen Protagonisten seiner Amerika-Romane andererseits geben Rätsel auf. In ihnen wird zwar hervorgehoben, wie sehr Demokratie als unverzichtbarer Wert zu gelten habe. Aber ebenso wird betont, dass darunter keinesfalls das zu verstehen sei, was seit dem 17. oder 18. Jahrhundert in England und Frankreich mit diesem Schlüsselwort verknüpft worden wäre. Auch das, wofür in der Französischen Revolution unter der Parole Demokratie gekämpft wurde, könne für Nordamerika keinesfalls eine Vorbildwirkung beanspruchen. Denn diesem französischen Wunschbild Demokratie wäre der zentralistische Jakobinerterror direkt eingeschrieben gewesen. Der Diktator Napoleon, als Erbe dieser Entwicklungen, hätte zwar die Auswüchse dieses Terrors beseitigt, ihn aber in eine Alleinherrschaft überführt. Bezogen auf diese geradezu abschreckenden europäischen Verhältnisse hoben literarische Protagonisten in Sealsfields Roman Pflanzerleben hervor, unter Demokratie verstehe Amerika etwas ganz anderes, als dass, was anderswo darunter firmiere. Es sei eine ganz andere Demokratie als die, die in Europa "nothwendig in einer Hand concentrirt seyn muß": Schon das Prinzip, von dem sie ausgehen, ist dem unsrigen so schnurstracks entgegengesetzt! -Ihnen ist die Regierung ein abstraktes, halb überirdisches Wesen, das Alles leiten, lenken, bewirken, schaffen soll, eine Art irdischer Gottheit, die das Volk als Materiale behandelt. Daß wir selbst, wir Pflanzerwir Volk die Regierenden sind, und unsere Repräsentanten, Senatoren, Gouverneure, Staatssekretäre mit dem Präsidenten obendreinblos die Diener unseres Willens, unsere Organe sind, das können sie nimmermehr begreifen. 1 Solche Einlassungen, denen viele ähnlich lautende zur Seite gestellt werden könnten, lassen aufhorchen. Sie irritieren. Angesichts dieser Irritation soll dieser Beitrag der Frage nachgehen, ob zu einem solchen ‚anderen' Ideal von Demokratie auch anarchistische Elemente gehörten. Er verfolgt zwei Ziele. Erstens möchte er aufklärerisch-anarchistische Momente in den Vorstellungen der Sealsfieldschen Protagonisten herausarbeitenwobei, und das soll vorab schon herausgestellt werden, es eine aufsteigende ‚Anarchismus-Kurve' in seinem Werk gibt. Und zweitens möchte er sie als Experimentalaussagen kennzeichnen. Ist in der Sealsfied-Forschung mit Recht herausgearbeitet worden, dass sich eine letztlich einheitliche Weltanschauung sowohl für diesen Autor als auch für seine literarischen Figuren nicht konstatieren lässt 2 , soll dieser Befund hier durch eine Analyse dessen, was "literarische Experimentalanordnungen" genannt

Katastrophisches ohne ‚Katastrophe'. Anarchistische Krisendiskurse des frühen Ernst Bloch (Olaf B... more Katastrophisches ohne ‚Katastrophe'. Anarchistische Krisendiskurse des frühen Ernst Bloch (Olaf Briese) Wohl erstmals 1954 hat der Historiker Golo Mannso der Titel eines kurzen Aufsatzesden Ersten Weltkrieg als Mutterkatastrophe des 20. Jahrhunderts 1 bezeichnet, und nach wie vor kommt dem Katastrophentopos in diesem Kontext eine anhaltende Anziehungskraft zu. Im Grunde besitzt er jedoch gar keinen scharfen begrifflichen Kern. Er ist nichts als ein Schlagwort. Schlagworte, im Wissenschaftsbetrieb? Nur diejenigen werden darüber ein Unbehagen verspüren, die davon ausgehen, dass lediglich in den Bereichen von Politik und Werbung solche und andere Schlagworte zum Einsatz kommen, und die ‚unreinen' Sphären des öffentlichen Sprachgebrauchs von den ‚reinen' der Wissenschaftssprache definitiv zu trennen wären. Mit Blick darauf ist festzuhalten, dass auch Wissenschaftund nicht nur heutzutagemit Schlagworten operiert. Ihr Schlagwortgebrauch stellt keine Schrumpfform von Wissenschaft dar, sondern ist ihr genuiner heuristischer Bestandteil. Denn Schlagworte kommunizieren nicht nur Erkenntnisse, sie generieren sie auch. Sie selbst sind zwarihre Schwäche und ihre Stärke zugleichnicht vornehmlich erkenntnishaltig. Aber sie befördern Erkenntnisse. Sie sind ein Dass, nicht ein Was, ein quod, nicht ein quid. Das Schlagwort als solches und im engeren Sinn trägt nichts zu Differenzierungen bei. Aber es kann, programmatisch eingesetzt, heuristisch dazu aufrufen, Fragen zu stellen und im Sinn begrifflicher Klärung zu beantworten. Eine der vielen Fragen wäre die, ob damalige Akteure das Geschehen des Kriegs tatsächlich als ‚katastrophal' betrachteten und ob sie den Katastrophenterminus für dieses komplexe Geschehen überhaupt einsetzen wollten.

Forschungsarbeiten zum Junghegelianismus verhalten sich umgekehrt proportional zu ihrer gegenwärt... more Forschungsarbeiten zum Junghegelianismus verhalten sich umgekehrt proportional zu ihrer gegenwärtigen Bedeutung in der Öffentlichkeit, sie sind höchst innovativ und lebhaft. Ein kurzer Rückblick: Die umfangreiche Textedition "Die Hegelsche Linke" von Ingrid und Heinz Pepperle aus dem Jahr 1985 bleibt mit ihrer materialreichen und sehr gut kommentierten Auswahl eine unverzichtbare Basis für jede weitere Arbeit, und ihr Verdienst ist es -ungeachtet einer nicht gänzlich überwundenen marxistischen Geschichtsteleologie -, die Arbeiten des frühen Karl Marx und des frühen Friedrich Engels in ein breites Feld damaliger zeitgenössischer Debatten eingebettet zu haben. Wolfgang Eßbachs wegweisende Studie "Die Junghegelianer. Soziologie einer Intellektuellengruppe" aus dem Jahr 1988 bedeutete einen Bruch mit herkömmlichen Junghegelianismusstudien, da sie nicht auf eine theoretische oder politische Aktualisierung orientiert war, sondern kultursoziologisch und gewissermaßen historisierend den Status der Junghegelianer als einer gewollt provozierenden Intellektuellen-und Bohemienbewegung herausstellte. Ein sich um den Hamburger Soziologen Lars Lambrecht seit Mitte der neunziger Jahren gruppierender internationaler Forschungsverbund arbeitete -frei von ideologischen Fixierungen -in einer Vielzahl von Monografien, Sammelbänden, Text-und Brief-Editionen die Komplexität der jung-und linkshegelianischen Bewegung heraus und zeigte unter anderem, dass es sich von Anfang an keinesfalls um eine ausschließlich philosophische handelte. 1 Auch die -aus theologischer wie philosophischer Richtungvorangetriebene Feuerbach-Forschung bereichert das Bild des Junghegelianismus, gleichfalls die kontinuierliche Stirner-Forschung. Die sich wieder belebende Marx-Engels-Forschung trägt ebenfalls dazu bei; zu erwähnen wäre ein kürzlich von dem Politikwissenschaftler Harald Bluhm herausgegebener ertragreicher Sammelband zur "Deutschen Ideologie" von Marx und Engels.

Zur Genese des Topos ‚Jugend' im Kontext des Junghegelianismus (wird hier im Folgenden von ‚Jungh... more Zur Genese des Topos ‚Jugend' im Kontext des Junghegelianismus (wird hier im Folgenden von ‚Junghegelianismus' gesprochen, dann im verallgemeinernden und selbstredend problematischen Sinn einer relativ geschlossenen Bewegung oder Strömung, ‚Junghegelianer' meint hingegen eher konkrete Personen) sind in den letzten zwei Jahrzehnten grundlegend neue Erkenntnisse gewonnen worden. So rief Hans Hübner in Erinnerung, dass Arnold Ruge vom Sommer 1821 bis zu seiner Arretierung im Januar 1824 Mitglied eines deutschlandweit agierenden burschenschaftlichen Geheimbunds, des "Jünglingsbundes" war (bzw. "Bundes der Jungen" oder "Jugendbundes") 1 , und Norman Senk wies darauf hin, dass sich in Halle Anfang der dreißiger Jahre eine "Freitagsgesellschaft" von jungen Hegelianern gegründet hatte (zu der auch Ruge gehörte), die sich umgangssprachlich auch als "junges Halle" bezeichnete 2 . Wohl vor diesem Hintergrund bekannte sich Ruge 1831 -Wolfgang Bunzel, Martin Hundt und Lars Lambrecht haben diese frühe Karriere des Topos Jugend bei Ruge erstmals aufgearbeitetin den Blättern für literarische Unterhaltung öffentlich zu den "Jüngern" der Hegelschen Philosophie 3 ; später nannte er dann in einem Brief an Karl Rosenkranz vom Oktober 1837 die geplanten neuen Hallischen Jahrbücher: "Jahrbücher des jungen Halle" 4 . Ungefähr zur selben Zeit, im August 1837, hob er, wiederum in den "Blättern für literarische Unterhaltung" die Bedeutung von "jungen Leuten mit ‚neuen Systemen'" 5 hervor, und ebenfalls im August 1837 betonte er die Verdienste der "junge[n] Generation" angesichts der stagnierenden Hegelianer 6 . Das vehemente briefliche Bekenntnis Ruges: "Alles, was Jugend und Strebsamkeit unter uns Hallensern hat, schwört zu der freien Fahne, die wir siegreich gegen die Perückenbatterien der alten Hähne zu tragen gedenken" 7 , fällt ebenfalls in diese Zeit. Im Manifest Der Protestantismus und die Romantik bekannte er sich 1840 wiederum öffentlich zur "Indiscretion und Unverschämtheit der Jugend" 8 , und in seinem Aufsatz Wer ist und wer ist nicht Partei? hieß es 1842 programmatisch: "das Neue ist erst neu, wenn es jung geworden" 9 . ‚Jung' war ein Modewort, ein Schlagwort, ein Kampfbegriff, und die Begriffe bzw. Schlagworte ‚jung' und ‚Jugend' wiesen, als Positivbegriffe, mindestens zwei Vorzüge auf. Erstens handelte es sich umsich naturhaft legitimierendesoziale Konflikt-und Verdrängungsbegriffe, gerichtet gegen alles ‚Alte'. Zweitens handelte es sich aber auch um fiktional-utopische Versöhnungs-und Vereinigungsbegriffe jenseits aller Unterschiede, um Begriffe, die kulturelle und soziale Unterschiede im Universaltopos ‚jung' geradezu nivellierten. Sie indizierten eine Krise und eine Lösung dieser Krise gleichermaßen. Dabei vollzogen diese Positivbegriffeso ist vorerst anzunehmen, genauere Forschungen dazu stehen noch auseinen bestimmten semantischen Wandel (wobei entsprechende Überschneidungen natürlich anzunehmen sind). Ab 1837 stand ‚jung' für das, was sich als personelle preußische Intellektuellen-Elite positionierte. ‚Jung' war, als intellektueller Avantgardebegriff, ein Generationenbegriff. Daneben, und möglicherweise verstärkt um 1840, transformierten sich Wort und Begriff in einen geschichtsphilosophischen Bewegung-und Veränderungsbegriff. ‚Jung' stand für objektiv gesetzmäßige Erneuerung, im Sinn eines geschichtsphilosophischen Prinzips. Nach 1840/41, und das wäre eine dritte begriffliche Schicht, wurde dieser Topos zunehmend politisiert, er avancierte zu einem politischen Oppositions-und Kampfbegriff mit Zügen eines Parteiungsbegriffs. Diese Beschwörung des Topos Jugend durch die Junghegelianer (möglicherweise nicht durch alle, so scheint sich Bruno Bauer in dieser Sache durch Zurückhaltung auszuzeichnen) reiht sich generell ein in den Kult um den Wert ‚Jugend' in damaligen emanzipativen Aufbruchsströmungen 10 . Die Schriftstellerbewegung "Junges Deutschland" adaptierte dieses Attribut geradezu euphorisch, so Ludolf Wienbarg: "Was aber der Jugend, als dem Element im Staat, das die neue Geschichte bildet, jedenfalls obliegt, ist [...] der feste Wille, sich immer entschiedener von der Lüge loszusagen, immer deutlicher sich des Gegensatzes zwischen dem Alten und Neuen bewußt zu werden, jung und jugendlich zu leben" 11 , und Moses Heß verklärte 1841
genannt Beta), geboren am 23. März 1813 in Werben bei Delitzsch in Sachsen, war ein nicht unbedeu... more genannt Beta), geboren am 23. März 1813 in Werben bei Delitzsch in Sachsen, war ein nicht unbedeutender Berliner Journalist und Publizist. Im Frühjahr 1851also relativ spätfloh er wegen einer drohenden Hochverratsanklage nach England. Der bisher einzige Spezialaufsatz zu ihm macht seine Exilzeit in England zum Thema, und mit Blick auf die Forschungslage lässt sich behaupten, Beta existiert bis heute lediglich als ein Sekundärphänomen der "Gartenlaube"-Forschung, der Fontane-Forschung, der Freiligrath-Forschung und der Marx-Forschung 1 . Seine Aktivitäten vor 1851 sind bisher gar nicht ins Blickfeld geraten.
Book Projekt by Olaf Briese
Book Project: Anarchism in Germany. The Early Years. 18th and 19th Century
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