Rapior R. Globalisierung der Funktionssysteme. Philip Thelen, Vergleich in der Weltgesellschaft. ... more Rapior R. Globalisierung der Funktionssysteme. Philip Thelen, Vergleich in der Weltgesellschaft. Zur Funktion nationaler Grenzen für die Globalisierung von Wissenschaft und Politik. Bielefeld: transcript, 2011. Soziale Systeme. 2011;17(2):398–401
Der Beitrag befragt den systemtheoretischen Gesellschaftsbegriff daraufhin, ob er geeignet ist, h... more Der Beitrag befragt den systemtheoretischen Gesellschaftsbegriff daraufhin, ob er geeignet ist, historische Gesellschaften angemessen zu beschreiben oder ob in ihn partikulare Standortbedingungen eingelagert wurden, die seine universale Anwendung blockieren. Ich komme zu dem Schluss, dass vor allem zwei Grundentscheidungen die transhistorische und transkulturelle Ubersetzbarkeit des Begriffs behindern. Die Bestimmung von Gesellschaften als „umfassende Sozialsysteme“ und die Definition ihrer Ausengrenzen durch „kommunikative Erreichbarkeit“ werden dem welthistorischen Regelfall eines Nebeneinanders mehrerer Gesellschaften nicht gerecht. Sie verdrangen kommunikative Beziehungen und strukturelle Verwicklungen von Gesellschaften, die weltgeschichtlich fur die Herstellung und den Wandel gesellschaftlicher Ordnungen wesentlich waren. Um diese Blockierungen ein Stuck weit zu losen, schlage ich vor, die Engfuhrung von Gesellschafts- auf Kommunikationsgrenzen durch zusatzliche Kriterien der ...
Anschliesend an Einsichten aus den postkolonialen und globalgeschichtlichen Studien ladt der Beit... more Anschliesend an Einsichten aus den postkolonialen und globalgeschichtlichen Studien ladt der Beitrag die historische Soziologie ein, Imperien starker zu berucksichtigen. Dazu zeige ich am Fall der Entstehung des modernen burokratischen Staats auf, dass die Entdeckung der Imperien gestattet, den eurozentrischen Rahmen der historisch-soziologischen Rekonstruktion der Moderne welt- und globalgeschichtlich zu erweitern. In imperialhistorischer Sicht ist die „burokratische Revolution“ erstens kein europaischer Sonderfall, sondern ein weltgeschichtlich ganz normaler Fall der Burokratisierung von Imperien, der unter ahnlichen Bedingungen und mit vergleichbaren Folgen bereits mehrfach angelaufen war. Zweitens ist die moderne Staatsbildung kein endogenes europaisches Ereignis, sondern auch eine globalgeschichtliche Folge der Anpassung mittelalterlicher Herrschaftsverhaltnisse an die neuen Herausforderungen transatlantischer Uberseereiche.
Die systemtheoretische Weltgesellschaftstheorie ist trotz ihres Anspruchs eine Theorie der europä... more Die systemtheoretische Weltgesellschaftstheorie ist trotz ihres Anspruchs eine Theorie der europäischen Moderne und fügt sich damit in die Reihe der Klassiker der Soziologie ein. Aus ihrer Sicht haben es heute alle Menschen auf der Erde mit ein und derselben umfassenden Sozialordnung zu tun, die sich als Folge der Umstellung auf funktionale Differenzierung im frühneuzeitlichen Europa unaufhaltsam und unumkehrbar weltweit auf allen Gebieten des sozialen Lebens durchgesetzt habe. Modernisierung meint in diesem Bezugsrahmen den Wandel von traditionaler Stratifizierung zu funktionaler Differenzierung. 2 Globalisierung wird als eine »Konsequenz der Moderne« im Sinn einer weltweiten Expansion europäischer Funktionssysteme verstanden. Inzwischen ist der Weltgesellschaftsforschung bewusst geworden, wie voraussetzungsreich, ergänzungs-und erklärungsbedürftig diese Großthesen sind. Sie hat registriert, dass ihr ein verhältnismäßig einfaches Geschichtsbild zugrunde liegt und ihre situierten Begriffe »allzu reibungslos« funktionieren und voraussetzen, was eigentlich erst zu erklären ist (vgl. Stäheli 2008; Heintz/Werron 2011). Die konzeptuelle Ergänzung und historisch-soziologische Rekonstruktion der europäischen Umstellung und Expansion sind daher zum Hauptgeschäft der neueren, systemtheoretischen Weltgesellschaftsforschung geworden. Einen Schwerpunkt bildet-1 Für anregende Diskussionen und instruktive Kommentare danke ich Bettina Heintz und dem Luzerner-Bielefelder Gipfel(i)-Treffen, Simon Hecke und Tobias Werron, Sophia Cramer und Martin Bühler sowie Kristina Willjes. 2 Modernisierung bezeichnet hier im weitesten Sinn das Selbstbeschreibungsprogramm (ursprünglich) westlicher Gesellschaften, das sich seit dem 19. Jahrhundert herausbildete und darauf zielt, den sozialen Übergang von traditionalen zu modernen Gesellschaften zu erfassen und zu erklären. Davon ist die modernization theory zu unterscheiden, die vor allem in der US-Nachkriegssoziologie entwickelt wurde (vgl. Knöbl 2007: 23ff.) und dem Selbstbeschreibungsprogramm ein »Entwicklungsprogramm« für nichtwestliche Gesellschaften hinzufügt (vgl. Tyrell 2005: 11f.).
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